Ergebnisse unseres Survey: “Industrie 4.0 im Spannungsfeld zwischen Wirtschaft und Politik”

Industrie 4.0 ist in Wirtschaft und Politik inzwischen zu einer festen Zielgröße
geworden. Für die Wirtschaft ist die digitale Transformation dabei
bereits seit fast einem Jahrzehnt Realität. Inzwischen verläuft die Debatte
um Industrie 4.0 zunehmend auch sektoren- und branchenübergreifend.
In der Praxis stellen die zunehmende Geschwindigkeit und Reichweite der
unterschiedlichen digitalen Transformationsprozesse der Industrie 4.0
Entscheidungsträger aus Wirtschaft und Politik jedoch anhaltend vor große
Herausforderungen. Industrie 4.0 versetzt Märkte in Bewegung und
überführt sie durch Plattformen in neue Formen. Marktgrenzen brechen
auf. Marktregeln und Wertschöpfungsketten verändern sich, und werden
von einzelnen Unternehmen neu gesetzt. Der digitale Wandel kann
etablierte Unternehmen von heute unter Druck setzen und zugleich
solche beflügeln, die bislang kaum oder gar nicht im Fokus standen.
Entscheidungsträger aus Wirtschaft und Politik mögen darin übereinstimmen,
dass die deutsche Wirtschaft aus der digitalen Transformation
gestärkt hervorgehen und im Ergebnis im internationalen Wettbewerb
optimal positioniert werden müsse. Doch wann ist in ordnungspolitischer
Beziehung die zielführende Balance gefunden, in der sich Unternehmen
Möglichkeiten zum innovationsorientierten Wirtschaften und zur Erschließung
europäischer und internationaler Märkte eröffnen, und in der der
rechtliche Rahmen Vertrauen, Orientierung und Sicherheit gewährt? Wie
gestaltet sich die Implementierung von Industrie 4.0 im Spannungsfeld
zwischen fortschreitender Digitalisierung und politischer Regulierung?
Im Rahmen des IT-Gipfels der Bundesregierung stellen sich diese Fragen
erneut. CAUSA hat daher Entscheidungsträger aus dem öffentlichen
Sektor sowie dem Dienstleistungs- und Industriesektor zu Industrie 4.0
im Spannungsfeld von Wirtschaft und Politik in Interviews und einem
Onlinesurvey befragt, um auf Grundlage der Momentaufnahme der Befragungsergebnisse
mögliche Handlungsempfehlungen für die weitere
gemeinsame Ausgestaltung der Industrie 4.0 durch Wirtschaft und
Politik zu definieren.
Das vorliegende Executive Briefing wendet sich an Entscheidungsträger
aus Wirtschaft und Politik und ist als Impulspapier gedacht, um einen
Eindruck davon zu vermitteln, wo die befragten Entscheidungsträger aktuell
Gestaltungsnotwendigkeiten erkennen. Berücksichtigung gefunden
haben dabei auch die Perspektiven unserer internationalen Partner
und Mandanten.
Wiesbaden / Berlin
im November 2015

Alexander Streitparth, Martin Schössler

Unsere Umfrage kann hier kostenlos heruntergeladen werden:

http://issuu.com/causagmbhco.kg/docs/industrie_4.0_im_spannungsfeld_-_ex

Kompendium Industrie 4.0

Industrie 4.0 ist in aller Munde. Die Debatte hat sich merklich gewandelt: Ging es zu Beginn noch um das „Stärken stärken“, mehren sich die sorgenvollen Stimmen: Drohe durch die Digitalisierung nicht ein Kontrollverlust und die Dominanz großer (ausländischer) IT-Unternehmen über die deutsche Automobil- oder Maschinenbauindustrie? Können deutsche Unternehmen im „industriellen Internet“ eine wichtigere Rolle spielen als im „Consumer-Internet“? Welche Teile der Wertschöpfung würden in Deutschland bleiben, welche abwandern? Und wie verändert sich die Arbeitswelt? Droht uns die „Hourglass-Society“, in der es keine „gute Arbeit“ für Arbeitnehmer mit mittlerem Qualifikationsniveau mehr gibt? Wie müssen wir unser (Weiter-) Bildungsystem anpassen, um Arbeitnehmer auf die Herausforderungen von „Arbeit 4.0“ vorzubereiten?

Sowohl für Unternehmen als auch für die Politik gilt es, die Logik der Veränderung zu entschlüsseln. Für Unternehmen hängt der Markterfolg und letztendlich die Existenz davon ab. Für die Politik geht es darum, die richtigen Leitlinien für gestaltendes Handeln zu definieren. Was gestern gute Politik war, wird es gegebenenfalls morgen schon nicht mehr sein.

Um die richtigen wirtschaftlichen und politischen Entscheidungen treffen zu können, müssen wir uns differenzierter mit der digitalen Transformation auseinandersetzen. Wir tun dies, indem wir Industrie 4.0 als Prozess der Plattformisierung der Wirtschaft beschreiben, der durch digitale Technologien ausgelöst wird. Wir verändern damit den Fokus der Debatte: Ging es bislang bei Industrie 4.0 vor allem um die Veränderungen innerhalb der Fabrik (Stichwort „Smart Factory“), wenden wir uns vor allem dem Strukturwandel außerhalb des Unternehmens zu – den Marktstrukturen.

Das Kompendium durfte ich zusammen mit Ben Scott und Ansgar Baums herausgeben, es kann in digitaler Form hier heruntergeladen werden:

http://plattform-maerkte.de/wp-content/uploads/2015/11/Kompendium-High.pdf

Umfrage: Open Innovation – Welche Innovationspolitik brauchen wir in Deutschland?

Zukunft der Innovation

Open Innovation: Der Ansatz steht für die Öffnung der geschäftlichen Grenzen und somit für die aktive strategische Nutzung der Außenwelt zur Steigerung des eigenen Innovationspotenzials. Damit rangiert der Begriff weit vorne auf der Rangliste der derzeit am häufigsten genannten Schlagwörter – doch ebenso häufig wird er missverstanden.

Die Öffnung über interne sowie externe Unternehmensgrenzen hinweg bietet viele Vorteile. Sie kann die Akzeptanz und somit der Markterfolg gemeinsam entwickelter Lösungen steigen, und die Entwicklungszeiten verkürzen sich.

Um die betriebliche Praxis deutscher Unternehmen bei der Nutzung externer Ideengeber besser zu verstehen, setzt hier die „stiftung neue Verantwortung“ mit dem Forschungsprojekt „Die Zukunft der Innovation“ an und fragt:

  • Welches Potenzial besitzt Open Innovation wirklich?
  • Was sind die nötigen Voraussetzungen innerhalb und außerhalb von Unternehmen?
  • Was sind die aus dem Paradigmenwechsel resultierenden Herausforderungen, denen sich Unternehmen stellen müssen?

Das Forscherteam der stiftung neue verantwortung hat daher eine Umfrage zu „

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Veranstaltung am 22.4.: Open Innovation – Welche Innovationspolitik brauchen wir in Deutschland?

Zukunft der Innovation

Mit der Digitalisierung der Wirtschaft verkürzen sich die Produktinnovationszyklen rasant. Sicherte noch vor wenigen Jahren eine Innovation zum Teil über Jahrzehnte nachhaltige Geschäftsmodelle, befinden sich heutzutage nicht nur die Musikwirtschaft, sondern mit zunehmender Digitalisierung der Wertschöpfungsketten auch klassische Industrien wie der Automobilbau, die Energiewirtschaft oder die Fertigungsindustrie in einem „Dauerinnovationszustand“, um wettbewerbsfähig zu sein.

Wir wollen mit Politik und Wirtschaft über Strategien und die erforderlichen Rahmenbedingungen sprechen, um die Innovationsfähigkeit der deutschen Wirtschaft zu erhalten und zu steigern. Hierfür werden wir die Ergebnisse einer Unternehmensumfrage zu Innovationen vorstellen und anhand folgender Leitfragen mit Ihnen diskutieren:

Wie stellen sich Unternehmenden den neuen Herausforderungen? Können Konzepte wie „Open Innovation“ besser auf die neuen Entwicklungen reagieren und werden damit die klassischen Forschungs- und Entwicklungsabteilung überflüssig? Welche Anforderungen stellen sich an Mitarbeiter und an die Unternehmens- und Führungskultur, wenn Innovationen das unternehmerische Handeln bestimmen?

Welche Rahmenbedingungen müssen verändert werden, damit sich neue (junge) innovative…

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Save the Date: 26.9.2013/Beisheim Center, Berlin. Wie können wir die Zukunft der Innovation gestalten? Neue Ideen und Handlungsforderungen für Politik, Wissenschaft und Wirtschaft

Zukunft der Innovation

Direktanmeldung per QR-Code:
ihr_qr_code_Einladung Zukunft der Innovation

Keynote:
Dr. Christian Ehler, Mitglied des Europäischen Parlaments, EVP
Impuls:
Dr. Martin Schössler, Fellow und Projektleiter, „Die Zukunft der Innovation“
Associates

Panelgäste:
Oliver Beste, Managing Partner, Founders Link (Berlin)
Pascal Finette, Director, Office of the Chair, Mozilla (San Francisco)

Prof. Dr. Reinhard Prügl, Inhaber des Lehrstuhls für Innovation, Technologie & Entrepreneurship, Zeppelin Universität (Friedrichshafen)

In Deutschland sieht man sich gerne als moderne Wissensgesellschaft, die Innovationen fördert. In der Außenperspektive zeigt sich aber auch eine wohlhabende, gut reglementierte Komfortzone, in der Bedenkenträgertum und Sicherheitsdenken das gesellschaftliche Klima bestimmen.
Neues schaffen und damit Geld verdienen wird im „Land der Dichter und Denker“ nicht gewertschätzt. Das deutsche Bildungssystem, im internationalen Vergleich ohnehin bereits im „Stand-by“, vermittelt Wissen, aber kein schöpferisches Denken und unternehmerisches Handeln.
Auch Wirtschaft und Politik haben sich mit arbeitsteiligen Organisationsstrukturen und eingespielten Geschäftsprozessen eingerichtet. Wesentliche Innovationen entstehen nur in Nischen. Mit dem Begriff…

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Unsere Handlungsforderungen an die Politik: Design-Prinzipien für eine innovationsfähige Wirtschaft

Zukunft der Innovation

Deutschland sieht sich als eine Wissensgesellschaft, die Innovation befürwortet und fördert. Im internationalen Vergleich erscheint das Land jedoch eher als eine wohlhabende, wohl reglementierte Komfortzone, in der Sicherheit und Risikoscheue das gesellschaftliche Klima eher bestimmen als der Mut zu Neuem und der gewagte Sprung ins Ungewisse.

Zwar ist laut dem Innovationsindikator die deutsche Wirtschaft im internationalen Vergleich bei Innovationen erstklassig und auch die intensive Vernetzung von Wissenschaft und Wirtschaft bei Forschung und Entwicklung ist ein deutsches Alleinstellungsmerkmal. Allerdings gilt es jetzt, die Weichen so zu stellen, diese Position zu halten und auch langfristig zu sichern.

Der 17. Rang im internationalen Vergleich verdeutlicht, dass Handlungsbedarf besteht. Auch die öffentlichen Rahmenbedingungen in Form von Forschungsinvestitionen (Rang 15) sind nicht zufriedenstellend. Eine veränderte Förderpolitik ist notwendig.

Basierend auf einer Führungskräfteumfrage und Best Practice-Beispielen formuliert dieser Policy Brief daher Designprinzipien in den Bereichen Wirtschaft, Bildung und Politik für eine innovationsfähige und wettbewerbsfähige Wirtschaft in…

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01100101, oder: Tocqueville im Informationszeitalter

Hinter den Mustern liegt heute die Granularität, hinter ihr wiederum der Einzelnutzer verborgen. In der Analyse seines Verhaltens liegt der Schlüssel zu seinen Bedürfnissen und Interessen. Was Indizes und Matrizen der Nutzerinteressen nicht vermocht haben, das individuelle Referenzaufkommen ermöglicht es: Die Durchdringung des Sozialraumes entlang von Kennzahlen bis hin zu den individuellen Entscheidungsmustern seiner Protagonisten, vermessen von ihren Politischen- bis hin zu ihren Geschmacksmustern.

„Der Begriff des Staates vereinfacht sich“, schreibt Tocqueville angesichts einer neuen demokratischen Welt: „Die bloße Zahl macht Recht und Gesetz. Die ganze Politik reduziert sich auf eine arithmetische Frage.“[1]

Relationalität und Referenzen sind als Metrics und Quants die neue Währung der Gegenwart. Sie bilden als algorithmische Schleier die Einstiegspunkte eines feingesponnenen Netzes, welches Alle über maximal drei Instanzen miteinander in Beziehung zu setzen vermag. „Die Prognosen des Grafen Alexis de Tocqueville am Beginn des industriellen Zeitalters“[2], haben der Anatomie des modernen Gemeinwesens Körperlichkeit verliehen. Ihnen entspringt das Bild einer Gesellschaft, deren Akteure auf eine bislang unbekannte Art und Weise Gestalter des eigenen Schicksals und Unterworfene überkomplexer Kräfte sind. Die Instrumente zu ihrer Beherrschung entstammen dem, was sich aus der unmittelbaren Gegenwart formen lässt und den Traditionsbeständen kontinentaleuropäischer Prägung.

Bis in die feinsten Muster des Privaten hinein wirken die kollektiven Mechanismen der Gleichheit, bis in das Denken, Fühlen und Handeln einer dekonstruierten Sozialwelt und ihrer semantischen Muster. In der Demokratie ist die Sprache das wichtigste Mittel zur politischen Willensbildung, ihr wichtiges Merkmal der Diskurs und die Fähigkeit zur Kompromissbildung. Wer in eine Hierarchie eintritt, folgt einem Rollenmuster; wer Verantwortung übernimmt, wird an den Folgen seiner Taten gemessen. Das von Algorithmen handhabbar gemachte Netzwerk einer modernen, globalen Gesellschaft muss alle ihm zugrundeliegende Relationalität quantifizieren, um allerorts vergleichbar zu sein. Seine Einstiegspunkte sind gleichzeitig seine Referenzen; sie bilden eine Art wechselseitige Dechiffrierung zwischen sozialen Agenten und ihren Referenzsystemen.

Wie manifestiert sich diese Transformation in Denken, Fühlen und Handeln, wie findet sie in den habitudes du cœur Ausdruck? Auf der Ebene regionaler Zusammenkünfte, in denen eine soziale und politische Ordnung ihre Körperlichkeit gewinnt, ist die aktive Teilhabe der passende Gradmesser für ein Vorhandensein deliberativer und kollektiver Prozesse. Emergente Muster bilden hier als Ausdruck und Metapher einer Selbstdeutung als Entdecken im Handeln der beteiligten Protagonisten die Vorstufe der interdependenten Netzwerke. Mit der zunehmenden Verbreitung überregionaler Publikationen, die auf lokaler Ebene ein Element der Plattform sind, auf der Positionen öffentlich gemacht werden können und Aushandlungsprozesse Referenzen und Einordnung in die Debatte erfahren, hat sich das Wesen der Debatte nachhaltig verändert. Surowiecki schreibt[3]:

Keep your ties loose.

Keep yourself exposed to as many diverse sources of information as possible.

Make groups that range across hierarchies.

Der Einfluss der Demoskopie hat die Qualität öffentlicher Debatten nachhaltig verändert. Der Wert tagesaktueller Meinungen hat dabei die vormalige Positionierung zunehmend überlagert und einen eigenen Wirkungsraum besetzt, in dem er als Platzhalter für einen tatsächlichen Dialog steht. Repräsentativ besetzte Panel (“Deliberative Polling“) möchten ein Ausweg aus diesem Dilemma sein, wie Fishkin es beschreibt.[4] Sie sollen den Aushandlungsprozess strukturieren helfen, indem sie einzelne Diskurselemente einem rationalen Duktus unterziehen. Gleichzeitig, und diese Ambivalenz ist ein feststehender Beleg für die Reichweite der Tocquevilleschen Medienanalyse, sind sie Ausdruck kollektiver Deutungssysteme auf Grundlage beliebig interpretierbarer Zahlen, denn: Die Zusammensetzung der Panel beruht auf einem generativen Prozess, der über Algorithmen erfasst, wer später für die Mehrheit der Bürger sprechen soll. So setzt sich bis in die feinsten Glieder und Verästelungen des Gesellschaftskörpers der von Tocqueville beobachtete und dialektisch gewendete Dualismus fort, in dem sich die Wesenskräfte der Moderne begegnen. Eine aus endlich vielen Schritten bestehende eindeutige Handlungsvorschrift zur Lösung eines Problems soll uns helfen, die Wichtigkeit von Ereignissen, die Bedeutsamkeit von (sozialen, ökonomischen und politischen) Verbindungen und das Fällen von Entscheidungen vorzubereiten und schlussendlich abnehmen. In der zunächst versteckt fortschreitenden, dann exponentiell an Intensität gewinnenden Finanzkrise der Jahre 2005 – 2009 hat sich die ganze Begrenztheit eines auf Algorithmen basierenden Referenzsystems zur Herstellung von Relationalität und Abwägung von Risiken offenbart.

Für den sozialen und politischen Raum scheint sich erneut die Wahrnehmung Tocquevilles zu bewahrheiten: Sie beruhen primär auf einer Verbindung ursächlicher und qualitativer Beziehungen. Unbedingten Eigenschaften des Menschen steht ihre Handhabbarmachung in relationalen und referentiellen Wirkungsräumen gegenüber. Einem rationell-progressiven Nutzenversprechen steht die kollektive, durch das dynamische Ineinanderwirken eines wohlverstandenen Selbstinteresses fortgeschriebene Progression entgegen. Die Trennung des Einzelnen von seiner geistigen Quelle wird als Entfremdung von einem höherstehenden Selbst empfunden, die sich als Uneigentlichkeit des Menschen in seiner spirituellen und physischen Ganzheit ausdrückt. Pippin schreibt: „(…) eventually, genuine exercises of autonomy were eliminated in an ever more efficient, integrating system, and the modern self came to be formed through a struggle that ended only in submission.“[5]

Die von Tocqueville so tiefempfundene Dissatisfaktion über den iterativen Problemkomplex einer demokratischen Moderne schreibt sich im Digitalkomplex fort. Die von ihm geäußerte „Beklemmnis der Zweifel“ muss dabei nicht zu einem anti-modernistischen Bekenntnis oder grüblerischer Weltinnenschau führen. Sie kann ein Mittel sein, um Zugang zu den zugrundeliegenden Ursachen zu finden. Wenn man deren Verbindungen wiederum innerhalb ihrer quantitativen und qualitativen Zieldimensionen darzustellen imstande ist, lassen sich Schlüsse in soziale und politische Handlung überführen. Die Frage nach vorausschauender Organisation als Merkmal einer Prozessdebatte darf nicht der Eigentlichkeit als Grund des individuellen Vorhabens vorangestellt werden. Dieses Merkmal einer modernen, demokratischen Gesellschaft ist Ausdruck einer zeitlosen Debatte über ihre Substanz. Tocqueville schreibt: „Niemand ist weniger unabhängig als ein freier Bürger.“[6]

[1] Tocqueville, OC (Gallimard) 2004, Bd. 3, S. 492. Vgl. Pierre Rosanvallon, Arthur Goldhammer (Ed.):  “Democratic Legitimacy: Impartiality, Reflexivity, Proximity“, Princeton University Press, p. 12.

[2] Kiesinger, K.G.: „Die Prognosen des Grafen Alexis de Tocqueville am Beginn des industriellen Zeitalters“, in: Karlsruher akademische Reden ; N.F. Nr. 19, Vgl. http://bit.ly/eczZKb.

[3] James Surowiecki: “The Wisdom of Crowds: Why the Many Are Smarter Than the Few and How Collective Wisdom Shapes Business, Economies, Societies and Nations“ Little, Brown and Company Boston 2004.

[4] James S. Fishkin: “When the People Speak: Deliberative Democracy and Public Consultation“, Oxford University Press 2009, pp23.

[5] Über die „Dialektik der Moderne“, Vgl. Robert Pippin: “Modernism as a philosophical problem“, Blackwell 2003, pp.178.

[6] Vgl. Tocqueville, in: „Der Alte Staat und die Revolution“, Anm. S. 40.

Banks, not Tanks

For many European states today, the biggest risk to national security may very well arise from the fate of their currency. „The biggest threat to the security and prosperity of Poland would be the collapse of the Euro zone“, Poland’s Foreign Minister Radosław Sikorski recently said. Many of his colleagues certainly would not disagree when thinking about their countries’ security. This analysis perfectly epitomizes the evolution of the field of security policy as a whole over the past few decades. In the short run, it is banks, rather than tanks, i.e. the health of the financial system rather than geopolitics, that is the most pressing and critical security issue for many countries today.

Talks of an echo of the 1930s might be an exaggeration, yet Western economies could go downhill quickly, with potentially far-reaching strategic consequences. A failure of the European currency may heavily destabilize the European continent by threatening both Europe’s institutional and economic order; a collapse of the Eurozone could fragment the European Union, the very survival of which could be at stake. It could have dire consequences both for global trade and the health of the financial system. Furthermore, it could effectively trigger a deep and prolonged political, economic, and social crisis, even resulting in a genuine crisis of liberal, market-based democracy.

On the level of world order, the financial and sovereign debt crises have also accelerated the shift of power in favor of the non-Western world – what Fareed Zakaria aptly called „the rise of the rest“. Most Asian economies have been much more dynamic than those of Europe and America over the last decade. And a decade of military modernization in non-western countries is beginning to pay dividends on a global scale. Most notably, China’s power projection capabilities are growing in the Asia Pacific, and its influence is increasing in Central Asia and on the African continent as well. Similarly, if not to the same degree, other emerging powers are starting to play more important regional roles.

While the economic performances, power projection capabilities, and the self-confidence of some rising powers are thus increasing, the Western world’s room for maneuver is shrinking. Most decision-makers in the West will have to concentrate on matters of economic stability at home in the immediate future, which will come at the expense of international security issues. Declining Western defense budgets are running counter to the trend of military modernization in the non-Western world. The continued military supremacy of the United States notwithstanding, it is clear that even the world’s only military superpower will have to cut down on its overseas commitments due to budgetary restraints. Cuts within defense budgets in the majority of EU countries have reached levels between 5 and 10 percent, even exceeding this in some cases. Unsurprisingly, their strategic relevance to the U.S. is diminishing, weakening transatlantic ties. This is all the more the case because NATO and EU member states are cutting national defense expenditures in order to directly save money rather than searching for options for pooling and sharing. As a result, the role of the West in upholding international order is slowly declining and the architecture of the international security order is undergoing a slow, but fundamental change.

In consequence, these strategic trends in world politics, leading to a more heterogeneous mix of central stakeholders in an international system shaped by both economic interdependence as well as political rivalry, make obvious that the organization of an effective and legitimate global collective security system becomes an ever more difficult challenge to address. Before the crisis and its repercussions are adequately managed and resolved, more traditional security concerns will have to take a back seat.

First published as

MSC Booklet Paper: Martin Schoessler: „The Financial Crisis and Consequences for International Security“

http://www.securityconference.de/TOP-NEWS.638+M53e738b52c0.0.html

Keywords: Smart Defence, EU, Security, Defence, Alliance, Financial Insitutions, Crisis

Plädoyer für eine Kultur der Fehlertoleranz

forbes vc

Im letzten Frühjahr begegne ich zum ersten Mal einem richtigen Venture-Kapitalisten. Wir sind beide auf Einladung einer Investment-Initiative in Köln und müssen an einem Puzzlespiel teilnehmen, dessen überdimensionierte Einzelteile sich schließlich zu einem Atlas der Hightech-Cluster fügen. Wir stehen vor dem Flickenteppich der deutschen Innovationslandschaft und meinem Gegenüber fällt spontan auf, dass er unter den Anwesenden der einzige Unternehmer ist.

Alle anderen sind Angestellte, die sich wie Unternehmer verhalten: Ihrer Zahlen-Sprache entspricht die Weltsicht, bestimmt von Indizes und Rankings. Mein Gegenüber, lange Jahre CFO in der gebeutelten deutschen Textilbranche, hat hingegen in einem Netzwerk Geld für seinen Fonds gesammelt, über den er Erfinder anwendungsbezogen forschen lässt. Seine Geldnehmer sieht er als Innovationspartner.

Wenn er über sie spricht, beschreibt er ihr Beharrungsvermögen und die Phasen voller Hoffnung auf den Durchbruch, über den die Akzeptanz am Markt entscheidet. Ihre Berichte sagen nichts anderes als: Wir brauchen eine Kultur der Fehlertoleranz und ein neues Bild von Unternehmertum.

Der bisherige Innovationsbegriff greift zu kurz

Innovationen sind weniger technische Errungenschaften als ein Ausdruck gesellschaftlicher Veränderungsprozesse. Dabei entscheiden nur selten Genie oder Kreativität über ihren Erfolg, sondern schöpferischer Unternehmergeist und das heitere Beharren auf der besseren Lösung. Wir brauchen Persönlichkeiten, die als kluge Begleiter (siehe “social capital”) dem jungen Unternehmer gestaltend zur Seite stehen. Auch der kreative Ingenieursgeist, der Unternehmen wie Google hat groß werden lassen, hat in der Person von Eric Schmidt den gestaltenden Strategen benötigt. Ohne den ideellen Kern des Start-ups anzutasten, hat er über Infrastruktur und Portfolio Google zu einem globalen Konzern reifen lassen (was ihm nun interessanterweise den Vorwurf eines Start-up-Killers einbringt).

Jedes Mal, wenn ein Nachwuchstalent bei Google anheuert, stirbt ein Start-up

Das Beispiel Google ist aber auch die Geschichte eines Unternehmens, das sich durch Zukäufe Innovationen einverleibt und sich damit nur wenig von klassischen Industrieunternehmen in anderen Branchen unterscheidet. Mit den jetzt einsetzenden Regulierungsmaßnahmen werden einem Industriekonglomerat, das sich der sozialen Sprache seiner Nutzer zum Zweck der Gewinnmaximierung bedient, Grenzen gesetzt. Die Frage ist damit nicht, ob sich ein solcher Erfolg in ähnlicher Form wiederholen lässt, sondern wie wir Ideen in Innovationen und Markterfolg umsetzen können.

Wenn es der deutschen Start-up-Szene nur an den passenden Umständen oder dem Wohlwollen gestandener Investoren mangelt, wie lässt sich dann das von Lukasz Gadowski (“Wir killen Innovationen”) geschilderte Dilemma lösen? Die Debatte lässt sich über fünf Punkte weiterführen:

1.) Wir brauchen einen erweiterten Innovationsbegriff, der das Internet zwar als glänzenden Ausdruck, aber nicht als den einzigen Ort für Erfindergeist und Kreativität sieht.

2.) Innovationsprozesse entspringen gesellschaftlichen Konditionen: Ein sozialer Unternehmer kann weit innovativer sein als das hippe Garagen-Start-up mit seinem Supertool.

3.) Start-ups brauchen einen Nährboden für Innovationen, der von Fördernetzwerken getragen und erweitert wird.

4.) Mut und Risikobereitschaft entspringen schöpferischem Scheitern, das erlaubt sein muss.

5.) Nur wer klassische Karrieremuster ignoriert, kann als junger Unternehmer erfolgreich sein.

Dieser Kommentar erschien als mein Debattenbeitrag bereits am 16. Februar auf “The European”; die Debatte wird demnächst an anderer Stelle fortgeführt – Nachricht folgt!

Kommentar: Plädoyer für eine Kultur der Fehlertoleranz

16.02.2010 von Martin Schössler